Cosy Kost
Neues Raumkonzept von OEO Studio für Sternerestaurant Kadeau

Im Kopenhagener Spitzenrestaurant Kadeau geht es gemütlich zu. In einer warmen, häuslichen Umgebung dinieren die Gäste auf Klassikern des dänischen Möbeldesigns und heutigen Entwürfen. Dunkle, geheimnisvolle Farben umspielen die Sinne nach der Renovierung durch OEO Studio.
Zu einem gelungenen Restaurantbesuch gehört mehr als gutes Essen und guter Wein. Auch auf die Atmosphäre kommt es an. Keine gekünstelte Umgebung, kein grelles Licht, kein steriler Hallen-Charme: Die Gäste sollen sich wohlfühlen – ein Aspekt, der vor allem in der Gourmetküche noch nicht immer eingelöst wird. Ein klares Plädoyer für mehr Gemütlichkeit gibt das Kopenhagener Restaurant Kadeau. Es ist die 2015 eröffnete Dependance des gleichnamigen Restaurants auf der Insel Bornholm und hat schon nach kurzer Zeit unter der Leitung von Nicolai Nørregaard seinen zweiten Michelin-Stern errungen.
Versteckte Adresse
Nach fünf Jahren war es an der Zeit für eine Renovierung. Bereits die erste Inneneinrichtung stammte von OEO Studio, das 2003 von Thomas Lykke und Anne-Marie Buemann in der dänischen Hauptstadt gegründet wurde und mittlerweile ein weiteres Projektbüro in Tokio unterhält. Das Konzept: Die Gäste sollen sich so fühlen, als würden sie daheim bei Nicolai Nørregaard mit anderen Freunden speisen. Kein Restaurant im klassischen Sinne, sondern eher ein kulinarisches Wohnzimmer. Nun wurde das Rezept weiter verfeinert. Und das bedeutete vor allem eines: Ran an die Oberflächen.
Der Wandel zeigt sich schon vor Betreten des Restaurants im Stadtteil Christianshavn, das sich hinter einem verschlossenen Holztor versteckt. Die Gäste müssen erst klingeln, damit sich die Pforte der Gaumenfreuden öffnet. OEO Studio haben für den bislang auf Keramikfliesen fokussierten Hersteller Mutina die Farben-Kollektion Accents entwickelt, die satte, erdige Töne in matten Oberflächen umfasst – von dunkelgebranntem Rot über Ziegenstein-Nuancen bis hin zu intensiven Schwarz-Färbungen. Das Eingangstor sowie die Wände in der Empfangslounge sind in einem gedeckten Terrakotta-Ton gehalten. Im großen Speisezimmer wurden die Wände in einem warmen Dunkelgrau gestrichen.
Wohnliche Zeitreise
Die Möblierung oszilliert zwischen zwei Zeitpolen: Midcentury und Gegenwart. In der Lounge treffen mehrere Spanish Chairs, die Børge Mogensen 1958 für den dänischen Möbelhersteller Fredericia gestaltet hat, auf die Wandleuchte VV Cinquanta Twin (1951). Der Entwurf des italienischen Architekten Vittoriano Viganò entstand ursprünglich für das Unternehmen Arteluce und wird heute von Astep wieder produziert. Die beiden schwarz emaillierten Leuchtschirme sind durch zwei gewinkelte Messingarme verbunden und können gedreht und gekippt werden, um unterschiedliche Licht-Intensitäten und Stimmungen zu erzeugen. Dazu gesellt sich der Hocker Sequola (2020) von Fredericia. Der Entwurf von Space Copenhagen wartet mit einem Bezug aus flauschigem Schafsfell auf, das Wohnlichkeit mit Archaik à la Familie Feuerstein in Einklang bringt. In eine Seitenwand sind sandsteinfarbene Ziegel aus der Serie Celosia eingelassen, die Patricia Urquiola für Mutina gestaltet hat. Sie zeigen eine markante Zickzack-Struktur, die den Oberflächen Tiefen verleiht und zugleich als wirkungsvoller Schallschlucker dient.
Sinnliche Vintage-Mixtur
Im Hauptspeise-Raum wurde eine Weinstube eingebaut, deren Wände, Decke und Fußboden mit Platten aus warmgewalztem Stahl verkleidet sind. Neu hinzu gekommen sind weitere Servierinseln, deren Fronten aus massiver Eiche mit Vintage-Messing-Knöpfen bestückt sind. Für die Ablageplatten wurde grauer Granit von der Insel Bornholm verwendet. Die Möblierung vereint Klassiker wie den Wishbone Chair (1950) von Carl Hansen & Søn und den Peacock Chair (1947) von PP Møbler – beide entworfen von Hans Wegner – mit dem Stuhl 209 von Thonet aus dem Jahr 1900. Die warme Tonalität der Hölzer findet ein Echo in den Bildern, die OEO Studio eigens für diesen Raum geschaffen haben: Sie zeigen Kupferoberflächen in unterschiedlichen Oxidationsstufen, bei denen das rotstichige Metall mit dunkelgrauen Nuancen changiert.
Appetitliches Kuriositätenkabinett
Ein privates Esszimmer bietet Platz für bis zu vierzehn Gäste. Der maßgefertigte Tisch besitzt eine Platte, die aus breiten Massivholzdielen von Dinesen zusammengesetzt wurde. Sie ruht auf einem filigranen Stahlgestell, das zwei kubische Bügel durch eine Zarge miteinander verbindet. Zur Bestuhlung dienen mit dem Stoff Karakorum von Dedar bezogenen Coco Armchairs, die OEO Studio 2016 für Gubi entworfen haben. Ein Hingucker im privaten Esszimmer ist der eigens angefertigte Weinschrank, der mit gläsernen Fronten aufwartet. Dahinter sind nicht nur edle Tropfen zu erkennen, sondern auch in Gläsern eingemachte Früchte, Kräuter sowie einige dekorative Objekte: Ein appetitliches Kuriositätenkabinett, das ab Februar 2021 im Freien erweitert wird. Dann eröffnet ein Gewächshaus mit weiteren Sitzplätzen und unverstelltem Blick in den privaten Garten im Hof. Bon appétit.
FOTOGRAFIE Michael Rygaard
Michael Rygaard
Projekt | Kadeau København |
Typologie | Restaurant |
Ort | Kopenhagen |
Adresse | Wildersgade 10B |
Interieur | OEO Studio |
Möbel | Wishbone Chair von Carl Hansen & Søn, Peacock Chair von PP Møbler Møbler, Stuhl 209 von Thonet, Hocker Sequola von Fredericia, Spanish Chair von Fredericia, Coco Armchair von Gubi, massgefertigter Tisch mit Massivholzplatten von Dinesen |
Wandfarben | Accents von Mutina |
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