Offen für Neues
Nachhaltige Renovierung einer flämischen Fermette durch Hé! Architectuur
Ein flämisches Bauernhaus, einst schlicht und geschlossen, öffnet sich nun der Natur. Von Hé! Architectuur nachhaltig renoviert, lichtdurchflutet und für alle Lebensphasen gestaltet, erzählt es eine neue Geschichte des Wohnens.
Im hügeligen Pajottenland, südwestlich von Brüssel, steht ein klassisches, flämisches Bauernhaus – auch Fermette genannt –, das auf den ersten Blick recht unscheinbar wirkt. Ein Ehepaar kaufte es in den 1990er-Jahren für seine Familie. Heute sind die beiden Töchter erwachsen und ausgezogen. Das Paar wollte sein Haus neu erleben: offener, nachhaltiger und stärker mit der umliegenden Natur verbunden. Also beauftragten sie Hé! Architectuur. Das belgische Büro verwendet CO₂-neutrale Materialien sowie zirkuläre Bauweisen und bevorzugt Renovierungen gegenüber Neubauten. Hé! verwandelte das Wohngebäude in ein naturnahes Zuhause, das Licht, Wärme und Raum neu definiert.
Die Herausforderung des Gewöhnlichen
Fermetten prägen die flämische Landschaft, doch sie erfüllen kaum heutige Energiestandards und wirken architektonisch oft unspektakulär. Gerade diese Alltäglichkeit reizte die Architekt*innen von Hé!. Sie analysierten den Bestand, erkannten die isolierte Lage des Hauses und entwickelten einen radikalen Plan: Räume aufbrechen, Verdichtung schaffen und die Verbindung von innen und außen stärken. Das Haus sollte sich öffnen, statt sich zu verschließen.
Wo Licht und Wärme sich treffen
Die ehemaligen Schlafzimmer der Töchter wichen einem Wintergarten, eingefasst von einer massiven Stampflehmwand. „Dank ihrer thermischen Masse wirkt diese Wand als Puffer: An kühleren Tagen erwärmt die Sonne den Wintergarten und die Wand. Die Wärme wird nach innen abgegeben. An heißen Tagen hilft sie, den Raum kühl zu halten“, erläutern die Architekt*innen. Ein Prinzip, das moderne Technik überflüssig macht und die alte Bauweise neu interpretiert.
Zentrum des Hauses: der Lehmofen
Die Wände im Inneren erhielten einen braun-roten Lehmputz, der die Räume erdet und zugleich visuell verbindet. Wo früher Flur und Büro lagen, erstreckt sich nun ein Wohnzimmer, das sich zum Wintergarten öffnet. Den Eingang im Erdgeschoss haben die Architekt*innen in einen gemütlichen Sitzbereich umgewandelt, in dem ein Lehmofen den alten Ölkessel ersetzt.
Raum für Generationen
Auch die funktionalen Aspekte kamen nicht zu kurz. Ein großzügiges Schlafzimmer und ein kompaktes Bad – beides im Erdgeschoss – machen das Haus barrierefrei und zukunftssicher. Die ehemalige Garage ist jetzt der Eingangsbereich. So verbindet das Haus moderne Wohnstandards mit der bestehenden Struktur und bleibt flexibel für die unterschiedlichen Lebensphasen der Familie.
Ein Gemeinschaftsprojekt
Der Umbau war nicht nur ein gestalterischer, sondern auch ein sozialer Prozess: Freund*innen und Familienmitglieder des Paars beteiligten sich, brachten Ideen ein, packten mit an. So wurde aus einer Renovierung ein kollektives Erlebnis, das die Geschichte des Hauses weiterschreibt – als einen Ort, der sich zur Natur hin öffnet, flexibel genutzt werden kann und Generationen verbindet.
FOTOGRAFIE Tim van de Velde Tim van de Velde
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