Best-of Leuchten 2020
Licht im Dunkel der Produktneuheiten

Handwerkliches Know-how, Materialexperimente und ein wenig Übermut kennzeichnen das aktuelle Leuchtendesign. Wir bringen Licht ins Dunkel der Produktneuheiten: mit Schneeflocken aus Glas, 5.000-Euro-Leuchttürmen und einem entzückenden Kunststoffhund.
Erst wurde sie verschoben, nun findet sie wegen der Corona-Pandemie erst wieder 2022 statt. Die Frankfurter Messe Light + Building ist neben der Mailänder Schau Euroluce der Branchentreffpunkt, wenn es um Neuheiten rund um das Thema Licht und Leuchten geht. Und auch wenn wir das große (Messe-)Leuchten in diesem Jahr verpassen – gut gestaltete und manchmal überraschende neue Produkte gibt es allemal.
Scheiben leuchten: Boris Klimek & Lenka Damová, Geometric, Brokis. Foto/ Copyright: Brokis
Gestaltungswunder LED
Licht an sich war zwar schon immer ein körperloses Wesen, doch mit der Glühlampe als Leuchtmittel war die Form einer Leuchte in ihren wesentlichen Teilen vorgegeben. Mit der LED ist das anders, denn sie ist kompakt und braucht keine Sockelfassung. Weil die Designer nun nicht mehr um die Lichtquelle herum entwerfen müssen, tritt der Leuchtkörper zurück und dient oft nur noch zur Unterbringung technischer Bestandteile. Das Licht selbst rückt in den Fokus, es wird mit Farben, gezielter Streuung, Reflexion und kunstvoller Schattenbildung experimentiert. Und: Das Licht entspringt nicht mehr aus einer sichtbaren Quelle, sondern manifestiert sich strahlenförmig an den Kanten von Objekten oder taucht die Leuchte selbst in Farbe.
Licht ist überall
Im Leuchtendesign spiegeln sich Interiortrends: So sind geometrische Formen wie Kegel und Kugeln ebenso gefragt wie skulpturale und verspielte Varianten. Dazu gesellen sich natürliche Materialien wie Glas, Porzellan und Naturstein, die zuweilen kombiniert werden mit moderner Lichttechnik. Das Thema Handwerk ist auch im Leuchtendesign omnipräsent, was den Erfolg von Glasmanufakturen wie Brokis, Lasvit, Bocci, Gabriel Scott und Lindsey Adelman erklärt, die auf Tradition und High-End-Design setzen. Ebenso wagen sich branchenfremde Labels wie Classicon, Established & Sons und Menu ins Leuchtenbusiness, um das Haus von A bis Z mit ihren eigenen Entwürfen auszustatten.
Designleuchtturm: Erwan & Ronan Bouroullec, Lighthouse, Established & Sons. Foto: Nick Rochowski Studio
Materialschlachten
Das Echte und das Ehrliche sind im Design gerade sehr gefragt – und worin könnte das eher zum Ausdruck kommen als in massiven Materialien? Zwei Klassiker – Naturstein und Glas – kombinieren Ronan und Erwan Bouroullec für Established & Sons. Ihre elegante Tischleuchte Lighthouse vereint zwei Pole: Sie ist luxuriös, ohne aufdringlich zu sein. Zum zehnjährigen Jubiläum der Zusammenarbeit zwischen den die französischen Designern und dem Londoner Label kommen nun zwei neue Versionen heraus, die durch hochwertige Materialien und handwerkliche Fertigung die reduzierte Formgebung der Leuchte hervorheben: mundgeblasenes venezianisches Glas für den Leuchtenschirm und eine stabile Basis, die in französischem Rouge Du Roi-Marmor und spanischem Dark Emperador-Marmor erhältlich ist – beides seltene Natursteine mit einer auffälligen Maserung.
Nicht ganz so aufwendig wie die limitierte Bouroullec-Geburtstagsedition für 5.000 Euro, doch nicht weniger reizvoll ist ein Entwurf des dänischen Designstudios Moebe. Ceramic Lamp ist eine Leuchtenkollektion in geometrischer Kugel- und Kegelform, die in Portugal aus Keramik handgefertigt wird. Durch die unglasierte und daher matte Oberfläche wirken die Leuchten skulptural und passen sich in ihrer gestalterischen Zurückhaltung verschiedenen Einrichtungsstilen an. Ähnlich verhält es sich mit Hashira von Menu. Entworfen von Norm Architects, hat die Leuchtenserie ihr Vorbild in japanischen Lampions aus Reispapier. Nur dass die dänischen Designer statt Reispapier eine textile Bespannung gewählt haben, nämlich Leinen. Das transluzente Material schafft ein behagliches Ambiente-Licht, wobei der Zylinder als Diffuser wirkt und das Licht in alle Richtungen strahlt.
Handmade in Murano: Matteo Zorzenoni, Pistillo, Nason Moretti. Foto/ Copyright: Nason Moretti
Glasmenagerie
Doch es ist vor allem ein Material, das seit einigen Jahren im Leuchtendesign für Furore sorgt: mundgeblasenes Glas. Brokis, Lasvit und Bocci geben den Ton an, was Design und handwerkliche Fähigkeiten angeht. Doch auch Hersteller wie Nason Moretti, die normalerweise Produkte wie Gläser und Karaffen herstellen, haben die Bühne betreten. Die venezianische Manufaktur hat nun erstmals eine Serie von mundgeblasenen Tischleuchten lanciert: Melting Pot. Entworfen von Matteo Zorzenoni, zeigen die Kollektionen die gesamte handwerkliche Bandbreite der Glasbläser aus Murano, denn komplexe Techniken, Formen, Farben und Oberflächen greifen ineinander. Während Reverse aus zwei aufeinandergesetzten Kegeln besteht, sieht Mongolfiera aus wie ein Heißluftballon en miniature. Die Kollektion Pistillo indes erinnert an eine Blume: Das äußere Glaselement steht für die Blüte, das innere für den Stempel.
Kein Wunder bei so viel kunsthandwerklicher Raffinesse, dass sich im Glasleuchtendesign insbesondere Gestalter tummeln, die seit jeher eine Affinität zum Handwerk haben. Während Sebastian Herkner für Classicon eine Tischleuchte mit einem Leuchtenschirm aus gefaltetem Glas entworfen hat, bringt Hanne Willmann mit der Tischleuchte Flakes für das bayrische Möbellabel Favius ein Flockendekor auf die Oberfläche, das durch von Hand aufgetragene Farbglaskörner entsteht und bei Poschinger mundgeblasen wird.
Specht am Licht: Matteo Ugelini, Accipicchio, Karman. Foto/ Copyright: Karman
Alles nur ein Spiel
Design, das sich nicht allzu ernst nimmt, können die Italiener besonders gut. Das sieht man auch dem Entwurf von Matteo Ugolini an. Der italienische Designer hat für Karman eine Stehleuchte entwickelt, deren Form einfach ist und dennoch für Erstaunen sorgt: Accipicchio besteht aus einer kreisrunden Basis und einem schmalen, hohen Stab aus hitzebeständigem Pyrex-Glas. Daran klemmt ein stilisierter weißer Vogel, der hin und her bewegt und auch entfernt werden kann. Das Leuchtobjekt abstrahiert eine Kindheitserinnerung des Designers: ein Baumstamm, an dem ein Specht klopft. Vom Tierreich inspiriert ist auch die neue Tischleuchte von Marcantonio für Seletti – ein italienisches Label, das Design seit jeher mit einem Augenzwinkern betrachtet. Hier wird der Hund zur Leuchte, genauer gesagt ein putziger Jack Russell aus weißem Kunststoff, der einen goldenen (elektrischen) Kerzenleuchter im Maul trägt. Keine Möglichkeit also mehr zum Bellen.
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