Eurocucina 2018: Wir brauchen mehr Details
Schluss mit Minimal Kitchen: Ein Ausblick auf die Mailänder Küchenschau zeigt, dass die Branche auch anders kann.
1, 2, 3 – los! Am 17. April startet in Mailand die Küchenmesse Eurocucina. Unsere Vorschau zeigt, wohin die Reise bei Küchenmöbeln und -elektrogeräten geht. Luxuriöse Materialwelten, Designer- und Architektenentwürfe, ausgeklügelte technische Features – das sind die Trends 2018.
Wenn Mitte April zeitgleich zum Salone del Mobile auf dem Mailänder Messegelände die 22. Ausgabe der Küchenmöbelmesse Eurocucina stattfindet, wird sie flankiert von der 7. Edition der Elektroeinbaugeräte-Schau FTK Technology meets the Kitchen. In den Messehallen 9, 11, 13 und 15 werden Küchenmöbelhersteller wie Varenna, Poliform, Scavolini, Team 7, Nobilia, Rational und Nolte sowie Elektrogerätehersteller wie Bosch, Smeg, Siemens, Neff und Gaggenau ihre Neuheiten zeigen. Und: Mailand läuft Köln den Rang ab. Das jedenfalls könnte man schlussfolgern, wenn deutsche Branchenriesen wie Miele und Häcker der einheimischen Küchenmesse LivingKitchen im nächsten Jahr fernbleiben und stattdessen auf Hausmessen und Eurocucina setzen. Außerdem zeigt es einmal mehr, dass sich die Messelandschaft rasend schnell verändert und ein harter Konkurrenzkampf tobt, was auch für die (Küchen-)Möbelbranche gilt.
Wohnraum Küche
Die Küche ist neben dem Badezimmer der Raum des Hauses, für den am meisten Geld ausgegeben wird. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass die Küche wichtigster Ort des sozialen Miteinanders ist, mehr noch als das Wohnzimmer. Deshalb wird die (offene) Küche zunehmend wohnlicher gestaltet, muss aber gleichzeitig hohen funktionalen und technischen Anforderungen genügen. In den letzten Jahren haben die Hersteller extrem aufgerüstet: mit Schränken, die nicht wie Küchenmöbel aussehen, sondern veritable Wohnraummöbel sind und oftmals raumbildend wirken. Sie sind ausgestattet mit aufwendig gearbeiteten Innenleben, wobei sich auch hier eine Vorliebe für hochwertige Materialien zeigt. Ganz vorn dabei: Edelstahl, Glas, Eichenholz und Naturstein. Was Materialien und ihre Verarbeitung betrifft, sind die Erwartungen an die Eurocucina entsprechend hoch. Denn Italien gilt als Land des Handwerks par excellence und die italienischen Hersteller sind in Mailand überproportional vertreten.
Raffinesse, Verfeinerung, Detail
Der Markt ist gesättigt und die Zeiten, in denen die Küche konzeptionell und gestalterisch neu erfunden wurde, sind vorbei. Deshalb sollte man von der Eurocucina keine allzu großen Aha-Erlebnisse erwarten. Stattdessen wohl eher: verfeinerte Lösungen, die mühevolle Arbeit am Detail sozusagen. Doch in der Raffinesse liegt zuweilen ein echter Gewinn, sei er nun ästhetischer, funktionaler oder technischer Art. Das zeigt sich, wenn beispielsweise Vincent Van Duysen mit dem modularen Möbelsystem Ratio für Dada eine extrem architektonische Struktur in die Küche bringt und die Materialschlacht mit massivem Holz und Naturstein gewinnt. Electrolux mit dem Rotating Shelf dafür sorgt, dass wir im Kühlschrank viel einfacher an Käse und Joghurt gelangen oder Neff die Ofentür zur besseren Bedienbarkeit nun auch bei Geräten der Einstiegs- und Mittelklasse komplett versenkt (Slide & Hide). Generell sind Elektrogeräte wie Dunstabzugssysteme, Kühlgeräte und Spülmaschinen zunehmend vernetzungsfähig (Stichwort Connectivity), energiesparend und leiser im Betrieb.
Was für ein Luxus
Zwar ist Weiß noch immer die beliebteste Farbe in der (deutschen) Küche, doch ab und zu darf es ein Farb- oder auch ein edler Metallklecks sein, gerade wenn es sich um hochwertige Einzelstücke wie freistehende Herde handelt. Hier setzen erneut die italienischen Hersteller Zeichen: Officine Gullo wird auf der Eurocucina einen Luxusherd in knalligem Ultraviolett zeigen, während sein Brand Restart mit dem Herd der Serie Chevet auf Blau, Grün und Burgunderrot sowie Profile und Details in auffälligem Messing setzt – selbstverständlich handgefertigt. Gespannt sein darf man auch auf Sanwa, denn der japanische Küchenmöbelhersteller hat Alessandro Mendini, den Altmeister des italienischen Designs, mit einem Entwurf beauftragt. AM 01 heißt der kompakte Küchenblock, der ein Beitrag zum Thema „Kleiner Wohnen“ ist: Hinter zwei dekorierten Türen verbirgt sich eine Mini-Küche mit Arbeitsfläche, Spülbecken, Kochfeld und Stauraumfächern.
Inszenierungskünstler
Traditionell gut vertreten ist die Küchenbranche auch während des Fuorisalone. Gerade die italienischen Platzhirsche wie Boffi, Arclinea und Valcucine unterhalten große Showrooms in der Stadt. Während Boffi in der Via Solferino zwei neue Küchen von Piero Lissoni und Norbert Wangen vorstellen wird, hat Strato Cucine eine Küche mit der Berliner Architektin Edda Biermann (Skyline B) entwickelt. Der bayrische Hersteller bulthaup präsentiert seine Ideen und Produkte wie im letzten Jahr in der säkularisierten Kirche San Carpoforo im Stadtteil Brera. Vorgestellt wird ein Gesamtraumkonzept, das die Beziehung zwischen Raum, Mensch und Objekt in den Mittelpunkt stellt und sicherlich eines der inszenatorischen Highlights werden wird.
Es sind nicht allein die neu vorgestellten Produkte, die den Salone del Mobile und die Eurocucina von anderen Messen unterscheiden. Es ist das Rahmenprogramm des Fuorisalone mit seinen unerwarteten, oft grandiosen Ausstellungsorten – Fabrikhallen, Plätzen, Palazzi, Gärten, Kirchen, Kreuzgängen. Quer durch Epochen und Stile der Mailänder Architektur- und Kunstgeschichte können Konzepte und Produkte anders und vor allem extrem effektvoll verortet und vermarktet werden. Das trifft insbesondere auch auf Küchenmöbel und -elektrogeräte zu. Denn die zeigen erst im Einsatz, was sie können!
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