Er sieht sich als einen Architekten, der den Raum als Grundlage für Produktdesign versteht. Mit Vitra verbindet Antonio Citterio eine lange Geschichte erfolgreicher Zusammenarbeit. Seine neue Bürostuhl-Familie AC 5 basiert auf den Tugenden durchdachter Gestaltung und liefert eine vielfältige Antwort auf das Büro von morgen. Ein Gespräch zum Bürostuhl von heute.
Antonio Citterio, was muss ein guter Bürostuhl heute können? Wie haben sich die Anforderungen in den letzten 20 bis 25 Jahren verändert? Der Trend geht spürbar in Richtung aktives Sitzen: Stühle, die Bewegung am Schreibtisch fördern. Vor 20 Jahren mussten Bürostühle vor allem gemütlich sein. Heute soll ein Bürostuhl die Auswirkungen unserer Inaktivität abschwächen, sodass unser Körper immer aktiv bleibt und in Bewegung gehalten wird.
Die neuen Stühle der AC 5 Group hatten ihre Premiere auf der Orgatec 2018. Welche grundlegende Gestaltungsidee steht dahinter? Was war das Briefing? Mit der AC 5 Group haben wir uns zum Ziel gesetzt, eine Familie von transversalen Produkten zu schaffen, die eine Vielzahl von Sitzhaltungen ermöglichen und in verschiedene Büroumgebungen passen. Der gesamte Entwicklungsprozess hat etwa fünf Jahre gedauert und ging von dem Know-how aus, das wir bei der Entwicklung des AC 4, insbesondere bei der Rückenlehne, gesammelt haben. Technisch sind einige Elemente identisch mit dem AC 4. Wegen seiner Klarheit und Eleganz ist er einer meiner Favoriten der für Vitra entworfenen Stühle.
Wie passt sich die AC 5 Group als eher klassische Stuhlfamilie in die neue Welt der Arbeitswelt ein? Moderne Büroumgebungen erfordern vielfältige Anpassungsmöglichkeiten, in denen Mitarbeiter nach Bedarf alleine oder in Gruppen arbeiten können – ob an ergonomischen Einzelarbeitsplätzen oder agilen Team-Hubs, in geschlossenen Besprechungsräumen oder in informellen Interaktionsräumen. Die Stuhlfamilie wurde für die Verwendung in verschiedenen Büroumgebungen konzipiert, von der Konferenz bis zum Studio oder für operative Aufgaben. Das Design der AC 5 Group wirkt auch in Großraumbüros als einheitliches visuelles Element.
Wie wird sich die Arbeitswelt Ihrer Vision entsprechend in den kommenden Jahren entwickeln? In den letzten Jahren gab es viele Vorhersagen dazu, wie sich die Arbeitswelt entwickeln würde – einige lagen richtig, andere nicht. Die Arbeitswelt wird sich auf jeden Fall der Wohnwelt annähern, der Arbeitsplatz zu einem Ort der Begegnung und der sozialen Interaktion. Gemeinschaftsräume werden in Bürokontexten eine immer wichtigere Rolle spielen.
Als Architekt und Designer: Gestalten Sie mit Stift und Papier, am Modell, in Gedanken, im Gespräch oder am Computer? Wie entwickeln sich Ihre Projekte? Design-Projekte hatten schon immer einen Vater und eine Mutter: also den Designer und das Unternehmen. Erst ihre Zusammenarbeit führt durch eine gewisse Alchemie zur konkreten Gestaltung eines Produkts. Ich betrachte meine Auftraggeber mehr als Partner anstatt als Kunden: Normalerweise arbeite ich mit Menschen zusammen, die meine Vision und meine Designsprache teilen. Zusammen mit ihnen gehe ich ins Risiko, das mit einem bestimmten Projekt verbunden ist. Aus genau diesen Gründen ist mein Engagement bei den Unternehmen, die meine Produkte herstellen, sehr tief. Ich könnte mir kein Produkt vorstellen, bei dem wir nicht mit der Produktionstechnologie beginnen: Design ist nicht nur eine Ausdrucksfrage, sondern umfasst alle Prozesse, die in ein Projekt eingehen. Der Designer muss eine ästhetische Vision haben und schon in den frühen Produktionsphasen aktiv den Produktionsprozess integrieren.
Wo und wie arbeiten Sie am besten selbst? In der Modellbauwerkstatt!
Auf der Orgatec 2018 oder auch anderen Messen begegnen einem so viele neue Möbelideen. Was macht gutes Produktdesign aus? Heutzutage ist Design Teil des industriellen Prozesses geworden. Design ist etwas Konkretes, mit einem eigenen intrinsischen - nicht nur einem formalen und einem ästhetischen - Wert. Aber es gibt auch „Fake-Design“: überflüssiges Design, das gebannt werden muss. Die Medien entscheiden, ob ein Objekt in Mode ist. Dann wird dieses Objekt automatisch geschätzt, auch wenn es tatsächlich hässlich, unbequem oder nicht sehr funktional ist. Wir müssen auf das echte Design achten, das den Charakter unserer Zeit ausdrückt.
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