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Es geht rund auf dem Parkett

von Katja Neumann, 15.06.2007

„Parketthandel“ oder das „Frankfurter Parkett“ sind bekanntermaßen Synonyme für den Börsenhandel, dessen Zentrum in Deutschland in Frankfurt am Main liegt. Die Frankfurter Börse hat ihr Parkett nun modernisiert: in einer umfangreichen Renovierung wurde der traditionelle Handelssaal der Deutschen Börse generalüberholt. Höchste Zeit, denn seit Ende der achtziger Jahre fand in dem Prestigebau aus dem 19. Jahrhundert keine größere Renovierung mehr statt. Die Klimaanlage ächzte sogar schon seit 30 Jahren und hielt der größeren Anzahl an elektronischen Geräten und Wärmquellen bereits seit geraumer Zeit nicht mehr stand. Das Redesign entstand unter der Leitung des Stuttgarter Ateliers Brückner, das für Konzeption, Innenarchitektur und Lichtdesign verantwortlich ist. Neben der Inneneinrichtung wurde auch die gesamte IT-, Telekommunikations- und Klimainfrastruktur erneuert und den veränderten Bedürfnissen angepasst.
Denn die Zeiten haben sich auch an der Börse geändert. Hektisches Geschrei auf dem Parkett findet man heute nur noch selten, ein Großteil der Geschäfte wird per Computer und Internet abgewickelt, weshalb kritische Stimmen den umfangreichen Umbau des Handelssaals eher als Imagemaßnahme denn als wirklich notwendig ansehen.
Dennoch werden sich die Skontroführer, die auf Basis des Orderbuchs die Preise feststellen und via Zuruf die Aufträge der Händler entgegen nehmen, an ihrem neuen Arbeitsplatz, der sogenannten Maklerschranke, erfreuen. Bisher dominierten drei längliche, rot lackierte Maklerschranken den Saal. Sie datieren zurück auf die Zeit, da nur drei Stunden am Tag gehandelt wurde und weniger technische Infrastruktur zur Preisfeststellung notwendig war. Heute wird von 9 bis 20 Uhr an der Börse gehandelt, die Arbeitsbedingungen waren also nicht mehr wirklich zeitgemäß.
Die futuristischen Maklerschranken sind es demnach auch, die dem Handelssaal sein neues Gesicht geben: Fünf runde und zwei halbrunde leuchtende Theken bieten insgesamt 70 ergonomische Arbeitsplätze. Sämtliche Mitarbeiter sitzen hier auf Stühlen der Firma Sedus. Diese sind neben einer Nackenstütze mit integrierten Kleiderbügeln an der Rückenlehne versehen. Die Konstruktion der Schranken besteht aus Holz und Stahl, als Verkleidung dient eine Front aus weißem Milchglas, die von hinten blau oder weiß – die Farben der Frankfurter Börse – beleuchtet wird. Eine Schranke besteht aus elf Modulen, jedes Modul bietet Platz für bis zu sechs Bildschirme, die an Tragarmen aufgehängt sind und sich in Höhe und Neigung individuell einstellen lassen.
Das neue Parkett
Auch wenn die Parketthändler innerhalb der Schranken nicht mehr auf Parkett sondern auf einem Doppelboden mit Linoleumbelag stehen, muss das „Parkett“ um seinen Namen nicht bangen. Der alte Boden wurde komplett entfernt und durch ein neues Parkett aus kerngeräucherter Eiche ersetzt. Beim Kernräuchern wird gasförmiges Ammoniak in die Holzporen eingepresst. Das führt zu einer chemischen Reaktion, wodurch sich das Holz bis in den Kern dunkel färbt. Die Größe der einzelnen Quadrate und die Anordnung der Maserungen wurden beibehalten, lediglich in seiner Farbanmutung wirkt das neue Parkett eher dunkelbraun und weniger rötlich als das vorherige.
Licht und Information
Wo vorher funktionale und undefinierte Beleuchtung das Parkett beschien, trägt nun ein ausgeklügeltes Lichtkonzept zur angenehmeren Raumatmosphäre bei. 15 quadratische Lichtsegel sind in drei Reihen á fünf Leuchten angebracht, 44 Profilscheinwerfer sorgen für blendfreies Licht auf die Arbeitsplätze. Obwohl die grundsätzliche Anordnung der Beleuchtungskörper beibehalten wurde, streut das Licht dank der neuen Lichttechnik besser, sodass die Lichtdecke als gänzlich weiß leuchtende Fläche wahrgenommen wird. Ein System wurde außerdem so programmiert, dass das Licht zwischen kaltweiß und warmweiß wechselt und dadurch der natürliche Tageslichtverlauf simuliert wird.
Die bekannte DAX-Tafel und das Kursanzeigesystem sind zwar zu Zwecken der Wiedererkennung erhalten geblieben, durch eine umlaufende Lichtkontur werden sie jedoch optisch hervorgehoben. Ein weiterer Blickfang ist die neue LED-Informationssäule zwischen Eingangsbereich und Lobby. Die rund 2,20 Meter hohe Säule hat eine gesamte Displayfläche von über drei Quadratmetern und lässt sich rundherum mit den neuesten Zahlen und Informationen von den Finanzmärkten bespielen. Neu ist auch das Ringbanner mit dem Logo der Deutschen Börse, das mitten im Saal frei im Raum hängt. Ein in der Konstruktion angebrachter Motor sorgt dafür, dass sich das im Durchmesser acht Meter große Banner rund ein Mal in der Minute um die eigene Achse dreht.
Komplett renoviert wurde neben dem Handelssaal auch die dazugehörige Lobby, die nun als Multifunktionsraum für Besprechungen, TV-Aufzeichnungen oder einfach als Lounge dient. Ausgestattet mit Internetterminals und LCD-Bildschirmen lassen sich die den Raum umgebenden Glastrennwände auf Knopfdruck von transparent auf opak, also undurchsichtig, schalten.
Sperrmüll oder Dokumente der Zeitgeschichte?
Offensichtlich wurde an alles gedacht. Stellt sich nur noch eine Frage: Was passiert mit dem ausrangierten Mobiliar, das immerhin rund dreißig Jahre alle Hochs und Tiefs im deutschen Börsengeschehen miterlebt hat? Die alten Maklerschranken werden zum Teil, als zeitgeschichtliches Dokument, im Historischen Museum der Stadt Frankfurt original wieder aufgebaut, weitere Module wandern in das Archiv der Deutschen Börse. Und selbst das altehrwürdige Parkett hat noch begeisterte Abnehmer gefunden: 25 Stück des alten Parketts der Börse Frankfurt wurden nach dem Umbau im Internet verlost.
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Links

Deutsche Börse AG

www.deutsche-boerse.com

Atelier Brückner

www.atelier-brueckner.de

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