Vulkanischer Kaffeetresen
Der Blue Bottle Coffee Shop Shibuya von Keiji Ashizawa

Vom Ätna nach Tokio: Die Kaffeehauskette „Blue Bottle Coffee“ hat eine Dependance im Viertel Shibuya eröffnet – entworfen von Keiji Ashizawa Design. Japanische Massivholzmöbel treffen dort auf Keramik aus sizilianischer Vulkanasche.
Shibuya ist einer der quirligsten Bezirke in Tokio. Die berühmte Hauptkreuzung wird von 3.000 bis 15.000 (kein Scherz) Menschen pro Grünphase überquert – in alle Richtungen gleichzeitig. Nur wenige Schritte weiter geht es hingegen deutlich ruhiger zu. Auf halber Strecke zu Kengo Kumas Olympiastadion liegt der Kitaya Park. Genau dort hat eine neue Dependance der Kaffeehauskette Blue Bottle Coffee eröffnet. Das kalifornische Unternehmen ist seit 2015 auf dem japanischen Markt präsent und hat allein in Tokio fünfzehn Filialen. Die neue Shibuya-Niederlassung wurde ebenso wie ein weiteres Café in Yokohama vom japanischen Interiordesigner Keiji Ashizawa eingerichtet.
Fokus auf Holz
„Diversität statt Gleichmacherei“ lautet das Motto. Die Interieurs sollen durch die Handschriften unterschiedlicher Gestalter*innen einen individuellen Charakter erhalten. „Naturmaterialien spielen eine entscheidende Rolle. Der Großteil der Möbel und Raumausstattungen ist aus japanischer Eiche gefertigt“, sagt Keiji Ashizawa. Die Stühle, Hocker, Sessel, Einbaumöbel und Tabletts stammen allesamt von Karimoku – dem größten Holzmöbelhersteller im Land der aufgehenden Sonne. Der Außenbereich des Cafés grenzt direkt an den Park an. Hier können die Gäste auf mehreren Sitzbänken aus der Serie Kobo von Ishinomaki Laboratory sitzen – einer Möbelwerkstatt in der Präfektur Miyagi, die vom Tsunami im Jahr 2011 schwer getroffen wurde.
Gebrannte Vulkanasche
Beim Betreten des Cafés fällt vor allem der große Bartresen ins Auge. Er zieht sich fast durch die gesamte Länge des Raumes und wartet mit großzügig abgerundeten Ecken auf. Der Hingucker ist jedoch seine Oberfläche: Die gesamte Bar ist mit Fliesen aus der Serie ExCinere verkleidet, die Andrea Trimarchi und Simone Farresin – die beiden Gründer des in Rotterdam und Mailand ansässigen Büros Formafantasma – für den Materialhersteller Dzek entworfen haben. „Diese Fliesen verfügen über eine spezielle, vulkanische Glasur. Sie sind ein Schlüsselelement, um das Interieur und Exterieur miteinander zu verbinden“, so Keiji Ashizawa.
Karamell und Schokolade
Insgesamt 7.000 Fliesen sind in dem Café verbaut worden: in vertikaler Ordnung mit einem schmalen Zuschnitt von 200 mal 47 Millimetern. Die Fliesen sind in vier Farbabstufungen erhältlich, die miteinander harmonieren und zugleich ein aufgelockertes Ensemble bilden: von hellem Karamell bis hin zu dunkler Schokolade. Drei Jahre hat Formafantasma daran gearbeitet, die richtige Brenntemperatur und Komposition der Glasur zu bestimmen, für die Vulkanasche und Basalt vom Ätna verwendet werden. Die warmen Brauntöne lassen zudem an die Materie Kaffee denken, die – wenn die Tasse beinahe ausgetrunken ist und nur noch eine dünne Schicht am Boden verbleibt – zu einer ähnlichen Palette tendiert.
Kommunikative Stufen
Im Erdgeschoss können die Gäste auf Barhockern oder Holzstühlen Platz nehmen, die jeweils in einer Reihe vor passend hohen Tischen platziert wurden. Die gegenüberliegende Tischseite bleibt frei, sodass die Möbel direkt an die bodentiefen Fenster mit Blick auf den Park und die Außenterrasse rücken. Ein Platz zum Sehen – ohne gleich gesehen zu werden. Wer den Baristas bei der Arbeit über die Schulter schauen möchte, setzt sich an den Esstisch mit abgerundeten Ecken etwas weiter hinten im Raum.
Im darüber liegenden Stockwerk steigt das Level an Gemeinschaft. Um einen großen Esstisch gruppieren sich acht Holzstühle. Ein langer Hochtisch wird von zwölf Barstühlen umringt. An der dahinter liegenden Wand kommen erneut die vulkanischen ExCinere-Fliesen zum Einsatz – ebenso als Verkleidung eines großen, rechteckigen Beistelltisches. Dieser wird von einem gepolsterten Zwei- und Dreisitzer flankiert. Keiji Ashizawa setzt dort auf das Modell Raft von Ariake Collection mit terrakottafarbenen Stoffbezügen. Selbst wenn Kaffee und kleine Speisen das Tagesgeschäft bestimmen: Das Lokal hat auch in den Abendstunden geöffnet und serviert dann kleine Häppchen und Wein – die passende Begleitung zum Ambiente mit sizilianischen Vulkanfliesen.
FOTOGRAFIE Ben Richards
Ben Richards
Projekt | Blue Bottle Coffee Shibuya Café |
Standort | Tokio, Japan |
Interieur | Keiji Ashizawa Design |
Projektarchitekten | Keiji Ashizawa, Yuichiro Takei |
Konstruktion | TANK |
Fläche | 216,11 Quadratmeter |
Sitzplätze | 10 im ersten Geschoss, 33 im zweiten Stockwerk, 12 im Außenbereich |
Keramikfliesen | Dzek |
Textilien | Kvadrat |
Stühle, Hocker, Sessel, Einbaumöbel, Tabletts | Karimoku |
Bänke Außenbereich | Ishinomaki Laboratory |
Sofas | Ariake Collection |
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