Der Glanz von gestern - die imm cologne 2007
Warum eigentlich noch Umwege gehen und so tun als ob man etwas Neues auf die Beine gestellt hat? Die Kölner Möbelmesse "Imm Cologne 2007", die Mitte Januar zu Ende gegangen ist, versuchte erst gar nicht originell zu sein und erklärte den Reiz des Vergangenen zum neuen Leitbild. Unendliche Welten in beige und braun, gefangen zwischen Nussbaum, Eiche oder Palisander, versprühten ein Gefühl von Nostalgie, wie man es bisher selten gesehen hat.
Reedition statt Innovation
War die Anzahl an Neuvorstellungen in der Regel schon überschaubar, gingen nicht wenige der neuen Entwürfe noch weiter und entpuppten sich als Wiederauflagen oder Neuinterpretation von Klassikern aus den Firmenarchiven. Köln mag sich zwar noch so oft als die größte Möbelmesse der Welt bezeichnen, was in Bezug auf vermietete Fläche und Umsatz vielleicht stimmen mag, doch in punkto Designinnovation herrschte weitestgehend Stillstand. Köln hat sich vielmehr als Zentrum der Händler etabliert, die hier nun die marktreif gewordenen Neuvorstellungen der letzten Mailänder Messe bestaunen und an Ort und Stelle auch gleich ordern können. Das ist soweit auch nicht verkehrt, doch wünscht man sich für die selbsternannte wichtigste Interieur Messe der Welt ein kreativeres Klima, als es das Ambiente in diesem Jahr versprühte.
Zurückhaltende Klassik
Der Trend geht also weiter zu einer zurückhaltenden Klassik, die vor allem auf dunkle Hölzer und geradlinige schwere Formen setzt. Nussbaum und Eiche sind omnipräsent, ebenso viele heimische Obsthölzer wie Kirsche, Apfelholz oder Birnbaum. Lacke werden auch immer beliebter und sollen mehr Wertigkeit in die heimischen vier Wände bringen. Im Textilbereich sind neben Leder und Naturfasern wie Wolle oder Wollfilz auch häufig metallene Stoffe in Gold oder Silber zu sehen.
Bereicherten im letzten Jahr noch viele junge Labels das Programm der Messe mit der parallel stattfindenden Ausstellung von Stylepark, so hat sich die Veranstaltung in diesem Jahr aus Köln zurückgezogen und konzentriert sich stattdessen auf die eigene Messe im Sommer 2007 in Frankfurt. Auch die Halle 1 für die jungen Aussteller der Messe, die so genannten „d3-young talents“, war im letzten Jahr deutlich größer und frischer als 2007. Gehen der „imm“ also endgültig die Ideen aus? Oder kulminiert an dieser Stelle vielmehr nur der Trend, der uns schon seit einigen Jahren verfolgt und nun endgültig eingeholt zu haben scheint: Die lähmende Angst vor jeglichem Risiko, die in fragwürdiger Nostalgie ihren Ausdruck findet? Die veranstaltende Kölnmesse hat schnell reagiert und zusammen mit dem Rat für Formgebung sogar schon eine neue Kategorie für ihren „interior innovation award“ mit dem Titel „Best Classic Innovation“ eingeführt. Wenn es sich also kaum noch lohnt, Preise an Neuheiten zu vergeben, dann kann man sie gleich an einen der vielen alten Bekannten weiterreichen. Unter den Preisträgern findet sich zum Beispiel ein Regalsystem von Dieter Rams aus dem Jahr 1960 und ähnliche ältere Funde. Und auch sonst ist auf der Messe die Vergangenheit allgegegenwärtig.
Highlights der Messe
So hat James Irvine beispielsweise für Thonet die "Daybeds" der Dreißiger wiederentdeckt, die bereits damals von dem Unternehmen produziert wurden und blieb den Originalen dabei auffallend nah an den Fersen. Andere Hersteller entdeckten den Luxus vergangener Zeiten und präsentierten Möbel aus Marmor, wie beispielsweise den Schreibtisch Seco von Dimodis. Modulare Schranksysteme sind weiterhin sehr beliebt und werden vor allem von deutschen Herstellern angeboten. Das verschiebbare Sideboardsystem nuf von Performa beispielsweise erwies sich als besonders elegant und flexibel einsetzbar. Bei COR bewies man Mut und beauftragte das junge Designbüro Studio Vertijet aus Halle mit der Gestaltung der Sofaserie Lava, die mit ihren weichen fließenden Formen für einen spannenden Kontrast zu den sonst eher rechtwinklig ausgerichteten Sofaecken der übrigen Hersteller sorgte. Bei Walter Knoll wird das Sofa Lazy Island zu einem wandelbaren Objekt, das sich mit wenigen Handgriffen in eine große freistehende Loungeinsel verwandeln kann. Die Integration von Medienbausteinen war ebenso ein großes Thema der „imm 2007“. Der Schweizer Hersteller Mobimex präsentierte beispielsweise ein Sideboard mit einer versenkbaren Rückwand für Monitore und anderes technisches Gerät. Die unsichtbare Integration von Heimelektronik in klassische Möbelsysteme, wie sie bereits auf der Orgatec im Oktober 2006 für den Officebereich zu sehen war, setzt sich nun also auch im Wohnbereich fort.
Spielerische Leichtigkeit
Erfrischende Abwechslung bot schließlich die Installation books von Werner Aisslinger in der Christuskirche im Belgischen Viertel, die Teil des parallel zur Messe stattfindenden Passagen Programms war. Aisslinger interpretierte das Thema „Nostalgie“ auf erfrischende Weise und präsentierte ein Bücherregal, das allein aus Büchern besteht. Zusammengehalten durch fast unsichtbare Metallwinkel setzt sich aus unzähligen alten Bänden eine bunte Bücherwelt zusammen, die sowohl skulpturalen wie unterhaltenden Charakter aufweist. Die verwendeten Buchrücken und Cover erzählen ihre eigenen Geschichten über Reisen zum Bodensee, Omas Kochrezepte oder manch altes Kindermärchen. Während die Messe mit schwerem Eichenholz aufrüstete, entdeckt Aisslinger im Umgang mit Bekanntem und Vertrautem aus vergangenen Tagen eine ungeahnte Leichtigkeit, die offen bleibt für Neues. Davon hätte man gerne mehr gesehen.
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