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Vorschau Ambiente 2015: Achtung! Ideen! Gesucht!

Was Küchenbranche vor dem Untergang bewahren kann? Eine Antwortsuche vor der Frankfurter Konsumgütermesse.

von Claudia Simone Hoff, 05.02.2015

Firlefanz in Frankfurt? Die Konsumgütermesse Ambiente naht! Und damit tausende Dinge, die man nicht unbedingt braucht, aber doch gern haben will: Porzellantassen, Besteck, Vasen, Töpfe, Stabmixer. Ab Freitag kommender Woche drängen sich rund 4.700 Hersteller in den Messehallen am Main und präsentieren, was sie sich unter Zukunft vorstellen.

Doch trotz hunderter Hersteller und unzähliger Neuheiten im Messebereich Dining: Der Fachhandel erwartet in den nächsten Monaten keine steigenden Umsätze. Das Geschäft ist dreigeteilt in die Produktgruppen Küche (35 Prozent), Tisch (29 Prozent) und Wohnen (17 Prozent), wobei lediglich der Bereich Koch-/ Backgeschirre und Pfannen einen starken Zuwachs (rund 8 Prozent) verzeichnet, wie der Bundesverband für den gedeckten Tisch, Hausrat und Wohnkultur (GPK) berichtet. Der Markt ist stark in Bewegung: Die WMF Group beispielsweise hat sich neu aufgestellt, ihr Sortiment stark verkleinert, die Marke Alfi an Thermos verkauft und Auerhahn ganz aufgegeben. Doch es gibt im hart umkämpften Markt Hersteller, die mit guten Zahlen auf sich aufmerksam machen wie etwa Villeroy & Boch. Im letzten Jahr steigerte das Unternehmen den Nettoumsatz um 4,4 Prozent und auch der Thüringer Porzellanhersteller Kahla legte ordentlich zu.

Ausweitung der Geschäftszone
Über eines können diese positiven Zahlen nicht hinwegtäuschen: Die Branche ist seit einigen Jahren im Umbruch. Wie auch im Januar auf der Kölner Küchenmesse LivingKitchen zu sehen war, sind viele Hersteller wegen der Wirtschaftskrise und weitgehender Marktsättigung auf dem europäischen Markt gezwungen, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Im Bereich Tableware und Küchenaccessoires sind zwei grundlegende Strömungen auszumachen: Da sind zum einen kleinere Hersteller, die noch nicht so lange am Markt sind und sich frei von Unternehmenstraditionen und -zwängen bewegen können. Sie haben sich in der mittleren Preisnische einquartiert, meist mit einem Komplettsortiment. Skandinavische Hersteller wie Ferm Living, Greengate oder Broste Copenhagen legen dabei den Fokus nicht so sehr auf High-End-Design, sondern haben Käufer mit kleinerem Budget, aber mit ausgeprägtem Gestaltungsanspruch im Visier. IKEA mit Niveau sozusagen. Neben Textilien, Tapeten, Körben und Kleinmöbeln bieten diese Hersteller auch Tableware und Küchenaccessoires an und wildern damit im Geschäftsfeld der etablierten großen Hersteller. Die müssen nun doppelt kämpfen: gegen ein generell schwieriges Geschäftsumfeld und gegen ihre eigene Schwerfälligkeit, die sie Chancen verpassen lässt.

Alles neu oder was?
Doch alles Lamentieren hilft nicht: Das Sortiment muss auf Trab gebracht werden, will man nicht untergehen im Me-too-Einerlei. Betrachtet man den Einrichtungsbedarf privater Konsumenten, machen Wohnmöbel etwa die Hälfte des Umsatzes aus, gefolgt vom Bereich Leuchten. Und: Zusatzsortimente wie Dekorationsartikel, Haustextilien, Leuchten und Hausrat belegen zwar nur rund ein Fünftel der Ladenfläche des Möbel- und GPK-Fachhandels, sorgen aber durchschnittlich für ein Drittel des Umsatzes. Der italienische Hersteller Alessi hat diese „Marktlücke“ schon vor einiger Zeit erkannt und ist vorangeprescht mit einer Leuchten- und Kleinmöbelkollektion. Ebenso wie Villeroy & Boch, die nicht nur Leuchten im Angebot haben, sondern zur Ambiente auch eine Gartenmöbel-Kollektion lancieren. Auch Rosenthal sieht sich um nach neuen Geschäftsfeldern. Neben einer ambitioniert gestalteten Möbelkollektion – die außerdem gut zur Unternehmensgeschichte passt, denn schon in den Sechzigern hatte der Hersteller Möbel im Programm – bietet man neuerdings auch Armbanduhren mit Porzellanziffernblatt an. Uhren scheinen generell ein gutes Zubrot zu sein, egal ob am Arm, auf dem Tisch oder an der Wand. Deshalb zeigt Stelton in Frankfurt die minimalistische Wanduhr des deutschen Designerduos Jehs & Laub, während der dänische Hersteller Kähler sich auf klotzige Tischuhren aus glasierter Keramik verlegt.

Die große Leere
Was ist in Sachen Design von der Ambiente zu erwarten? Nun, wie es aussieht, leider nicht sehr viel. Geld sparen, Ideen umbringen – das scheint die Devise vieler Hersteller zu sein. Bei Kahla steht die technische Innovation Magic Grip aus dem letzten Jahr im Fokus des Messestands, während Hersteller wie ASA Selection bestehende Produktlinien kurzerhand ergänzen um neue Einzelteile, Dekore und Farben. Apropos Farben: Neben Pastell-, Grau- und Weißtönen ist Schwarz ein großes Thema auf der Ambiente, wie bereits auf der Möbelmesse imm cologne zu sehen war. Kähler beispielsweise schickt schwarze Vorratsbehälter aus Keramik mit Holzdeckel ins Rennen, Royal Copenhagen das Porzellanservice Schwarz Gerippt und der Schweizer Hersteller Stöckli mag es mit seinem schwarzen Fondueset Alpaufzug kuschelig-romantisch. Und dann wäre da noch ein Material, das scheinbar einfach nicht fehlen darf: Kupfer. Hatte Tom Dixon mit seiner Leuchtenserie Beat vor etlichen Jahren den (noch) hoffnungsvollen Startschuss für den Trend gegeben, ist dieser inzwischen auch bei Otto Normalhersteller angekommen. Ein Deckelchen aus Kupfer hier, ein Besteck mit Kupferüberzug dort – das ist der deprimierende Status quo.

Auftritt: Märchenprinz
Da hilft nur noch ein Märchenprinz! Er muss herbeigeritten kommen und die Branche aus der Misere aus Wirtschaftskrise, Ideenlosigkeit und Gleichmacherei wachküssen. Wenn Carl Philip Edmund Bertil, Prinz von Schweden, Herzog von Värmland mit seinem Designlabel Bernadotte & Kylberg kommende Woche den Messestand des dänischen Herstellers Stelton vermutlich pferdlos betritt, werden wir hoffentlich schlauer sein. Immerhin war es sein Großonkel Sigvard Bernadotte, der die legendäre Margrethe-Rührschüssel für Rosti Mepal entworfen hat. Gutes Omen oder nicht: Die ist in diesem Jahr in Himmelblau und Rosarot getaucht.


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