Schöne Grüße von Astrid Lindgren
Wohl nicht jeder erinnert sich gern zurück an den Kochunterricht in der Schule. Kein Wunder, fanden die Hauswirtschaftskurse doch nicht selten in trostlosen, fast gar nicht gestalteten Räumen mit zuweilen hässlichen weißen Einbauküchen statt. Und das Beste am Kurs war da noch die Tatsache, dass es keine Hausaufgaben zu erledigen gab und man beim Kochen, Werkeln und Brutzeln so schön mit seinen Schulkameraden tratschen konnte. In Oslo ist alles ganz anders: Dort hat der Designer Al Coulson in einem denkmalgeschütztem Bauernhof inmitten der Stadt eine Kochschule für Kinder eingerichtet, die in ihrer Farbigkeit Spaß auf das Thema macht und gleichzeitig funktional gestaltet ist.
Was gibt es nicht alles für die lieben Kleinen? Da wäre speziell für Kinder entworfene Tableware oder auch Design-Möbelklassiker im Miniaturformat. Und deshalb verwundert es kaum, dass in Zeiten des Kochbooms nun auch speziell für Kinder entworfene Küchenräume entstehen. Gerade in Großstädten ist das Thema Nahrung und Essenszubereitung ein naheliegendes, wachsen Kinder dort doch meist allzu naturentfremdet auf. Geitmyra – so der Name eines norwegischen Projekts – schafft nun Abhilfe. Denn nichts ist schlimmer, als wenn Kinder mit Fertigpizza und fabrikgefertigten Muffins aufwachsen oder nicht wissen, dass Spargel und Kartoffeln unter der Erde wachsen.
Räumlich umgesetzte Kindergeschichte
Nähert man sich dem Bauernhof, wähnt man sich zuerst im Pippi-Langstrumpf-Land, obwohl wir in Norwegen und nicht in Schweden sind. Der Grund: ein rot gestrichenes Holzhaus mit weißen Sprossenfenstern und rustikaler, historischer Balkendecke im Inneren. Und das, obwohl wir mitten in der City von Oslo sind. Jahrelang hatte der Bauernhof samt Freigelände aus dem 18. Jahrhundert leer gestanden, zu hoch waren die Auflagen des Denkmalschutzes. Bis sich Andreas Viestad vor einigen Jahren der Sache annahm. Viestad ist in Norwegen eine Koryphäe, was das Thema Kochen angeht. Journalist und Fernsehkoch in Personalunion lautet sein Motto für Geitmyra: „På Geitmyra gård skal vi bidra til at barn og unge blir glade i mat som gjør dem godt!“, was auf Deutsch so viel heißt wie „Geitmyra möchte Kindern und Jugendlichen helfen Nahrungsmittel wertzuschätzen, die ihnen guttun.“
Farbe als spielerisches Element
Und das können sie in angenehmer, ganz und gar farbenfroher Atmosphäre. Um die kräftigen Grün-, Rot- und Türkistöne der Möbel zu schaffen, entschied sich der Innenarchitekt für die Verwendung von Laminat als Oberfläche der Küchenmöbel. Laminat nämlich ist nicht nur kunterbunt, sondern zugleich robust und haltbar. Denn schließlich wird an den mobilen Einheiten kräftig geschnitten und gewerkelt. Wird der in den mobilen Einheiten integrierte Herd einmal nicht genutzt, kann er mit einer passgenauen Lochplatte geschlossen werden, so dass mehr Arbeitsfläche zur Verfügung steht. Die mobilen Einheiten – in klarer Linienführung gestaltet und mit großen kreisrunden Aussparungen als Griffe versehen – sind in zwei Küchenräumen untergebracht, die jeweils bis zu 30 zeitgleich werkelnde Kinderköche fassen und somit flexibel auf sich wandelnde Bedürfnisse reagieren. Deshalb können sie einzeln stehend als Kochinsel dienen oder bieten zusammengeschoben ein gemeinsames Kocherlebnis. Denn schließlich soll hier nicht nur gelernt werden, sondern auch das Vergnügen nicht zu kurz kommen.
Nachhaltigkeit im Fokus
Das Schöne an diesem Projekt sind aber nicht nur die lichten, offen gestalteten Räumlichkeiten des Hofgebäudes, sondern auch der angrenzende Garten. Denn nichts ist anregender für die Kleinen als zu sehen, wie und wo das wächst, was zu köstlichen Speisen verarbeitet dann in ihrem Magen landet. Es geht jedoch nicht nur um Wertschätzung des einzelnen Lebensmittels, sondern auch um die Wertschätzung regionaler Spezialitäten. Hier zeigt sich das Projekt als ein nachhaltiges. Und dabei geht es nicht allein um die Zubereitung der Speisen vor Ort, auch in den virtuellen Raum wird das Projekt erweitert: Eine eigene Datenbank beinhaltet Unterrichtsmaterial zu Themen wie der Geschichte von Lebensmitteln, den Zusammenhang zwischen Naturwissenschaften und Essen, die Kunst des Kompostierens oder das Anlegen von Schulgärten. Würde es mehr solcher Projekte geben – manch ein Erwachsener wünschte sich sicherlich noch einmal an den Schulkochtopf zurück.
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