Puristisch segeln
Dass Architekten eine gewisse Affinität zum Segeln haben, ist allgemein bekannt. Dennoch haben bisher nur sehr wenige auch ein eigenes Boot entworfen. John Pawson, Londoner Architekt mit Sinn für ausgeprägten Minimalismus, hat nun in einer Kooperation mit dem italienischen Yachtdesigner Luca Brenta seine Version präsentiert. Das Ergebnis: ein Segelboot als gestalterisches Gesamtkunstwerk – von der äußeren Hülle bis ins letzte Detail des Interieurs.
Wie auch in der Architektur gilt im Bootsbau häufig eine traurige Regel: Wird von außen auf eine elegante, zeitgemäße und vor allem repräsentative Erscheinung geachtet, herrscht im Inneren nicht selten gestalterische Steinzeit. Und so finden sich selbst in den Interieurs modernster High-Tech-Yachten rustikale Holzvertäfelungen oder spießige Polsterbezüge, die mehr an Altersheim als an weite Welt erinnern.
Allianz der Minimalisten
Dass hierbei akuter Handlungsbedarf besteht, scheint auch der Mailänder Yachtdesigner Luca Brenta erkannt zu haben, der sich in den vergangenen Jahren international immer mehr einen Namen machen konnte. Anstatt wie viele seiner Kollegen auf extravagante Formen zu setzen, nehmen sich seine Boote auf angenehme, distinguierte Weise zurück. Kooperationen mit renommierten Architekten und Designern sind dabei für ihn nichts Ungewöhnliches, wie die mehrfache Zusammenarbeit mit dem Mailänder Architekten und Designer Piero Lissoni beweist. Dass Brenta für das Interieur seines neuen Vorzeigemodells „B60“ nun den Londoner Architekten John Pawson mit ins Boot nahm, erscheint da nur konsequent. Schließlich gilt der 1949 geborene Brite als ausgewiesener Experte für raffinierte, minimalistische Räume und hat mit dem von ihm veröffentlichten Bildband „minimum“ zugleich ein ästhetisches Manifest der leisen Dinge vorgestellt. Seine subtile Wahrnehmung von Schönheit hat Pawson aber auch in ganz konkreten Projekten umgesetzt wie mehreren Privathäusern, dem Umbau eines romanischen Klosters in Tschechien sowie den Boutiquen des Modelabels Calvin Klein in New York und Paris.
Mediterrane Yacht
Was auffällt an dem „B60“ getauften Boot – der Name geht auf die Länge von 60 Fuß bzw. 18,62 Metern zurück – ist vor allem seine entspannte Unaufgeregtheit und Eleganz. Trotz des Umstandes, dass es das bisher längste Boot von Luca Brentas Bootfirma „B-Yachts“ ist, nimmt es sich beinahe bescheiden in seiner Dominanz zurück. Der Grund mag hierfür sicher die Konsequenz sein, mit der Brenta das Deck von überflüssigen Details befreit und somit eine einfache Handhabung und mehr Sicherheit geschaffen hat. Ausgestattet mit nur zwei Winschen, die direkt vom Ruder aus elektronisch gesteuert werden können, ist das Boot bereits von einer einzelnen Person steuerbar. Als typisch mediterranes Segelboot ist das Cockpit der „B60“ mit einer großzügigen Sitzecke ausgestattet, auf der alle Passagiere an Bord gleichzeitig Platz finden. Während die Beplankung aus hell geöltem Lärchenholz gefertigt ist, werden Rumpf, Deck und Struktur der Yacht aus hochwertigem weißen Karbon hergestellt. Dieses wird von der Kieler Firma Knierim mittels eines speziellen Verfahrens über einem Schaumkern unter Vakuum geformt und anschließend bei einer Temperatur von 85 Grad gebacken, so dass das Boot eine besondere Leichtigkeit und Stabilität erhält.
Zurückhaltendes Interieur
John Pawson hat die Materialität und Farbigkeit des Oberdecks auch in den Innenräumen fortgesetzt und bis auf den Lärcheholzboden komplett in Weiß gearbeitet. Lediglich der große Gemeinschaftstisch sowie die gusseisernen Topfhalter am Herd sind als Kontrast in Schwarz gehalten. Betritt man den Innenraum über die kleine Treppe, die zwischen den beiden Winschen vom Deck herunterführt, gelangt man zunächst in einen Gemeinschaftsraum mit einer kleinen Bordküche. Pawson beweist an dieser Stelle auch seinen Sinn für Praktische und ließ das Innenleben der Schubladen derart ausarbeiten, dass für jedes Messer und jede Gabel eine eigens angefertigte Fassung zur Verfügung steht und somit auch bei starkem Seegang das Besteck nicht unnötig durcheinandergewirbelt wird. Neben einer großzügigen Kabine für den Besitzer des Bootes, die über eine eigene Nasszelle verfügt, gehören zwei weitere Kabinen unter dem Achterdeck zur Grundausstattung der „B60“ hinzu. Auch sie sind mit separaten Nasszellen ausgestattet und wurden von Pawson ganz im Sinne minimalistischer, japanischer Räume geplant.
Technische Daten:
B YACHTS „B 60“ Segelyacht von Luca Brenta (Yacht Design) und John Pawson (Interieur); Länge: 18,62 m (60 Fuß); Breite: 4,28 m; Verdrängung: 14,4 t; Größe Hauptsegel: 136 m²; Größe Vorsegel: 84 m²; Größe Spinnaker: 330 m²; Geschwindigkeit: 9 Knoten; Antrieb: 75 Hp VOLVO.
Technische Daten:
B YACHTS „B 60“ Segelyacht von Luca Brenta (Yacht Design) und John Pawson (Interieur); Länge: 18,62 m (60 Fuß); Breite: 4,28 m; Verdrängung: 14,4 t; Größe Hauptsegel: 136 m²; Größe Vorsegel: 84 m²; Größe Spinnaker: 330 m²; Geschwindigkeit: 9 Knoten; Antrieb: 75 Hp VOLVO.
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